Bertelsmann Stiftung
KOMPIK: Kompetenzen und Interessen von Kindern

Emotionale Kompetenzen in der Kita

Kinder durchlaufen die wichtigsten Schritte ihrer emotionalen Entwicklung in der frühen Kindheit (Denham & Weissberg 2004; Petermann & Wiedebusch 2003). Sie müssen dabei vielfältige Kompetenzen entwickeln und auch im Kita-Alltag anwenden: Gefühle nicht nur nonverbal, sondern auch sprachlich ausdrücken, Verständnis gewinnen für Ursachen und Folgen von Gefühlen, Emotionen regulieren in Abhängigkeit von unterschiedlichen Personen und Situationen, sich emotional und kognitiv in die Situation anderer hineinversetzen, aus Mitgefühl heraus anderen helfen oder sie trösten.

Wissenschaftliche Definition

Emotionale Kompetenz kann definiert werden als Fähigkeit, „mit den eigenen Emotionen und den Emotionen anderer Personen angemessen umzugehen“ (Scheithauer et al. 2008, 145). Mit etwa vier Jahren können Kinder eigene und fremde Gefühle einigermaßen zuverlässig unterscheiden und verfügen über ein erstes einfaches Vokabular für die Bezeichnung von Emotionen (Klann-Delius 2002). In der weiteren Entwicklung werden dann der sprachliche Ausdruck wie auch das Verständnis von Gefühlen zunehmend verfeinert. Ab etwa drei Jahren beginnen Kinder, zwischen dem inneren Erleben und dem äußeren Zeigen von Emotionen zu unterscheiden. Es gelingt ihnen nun auch zunehmend, je nach Situation, Gefühle zu zeigen oder auch zu verbergen (Denham 1998). Die Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, entwickelt sich ebenfalls im Alter zwischen zwei und fünf Jahren. Anfangs brauchen Kinder dafür noch viel Unterstützung von Erwachsenen, später können sie diese Steuerung zunehmend selbst übernehmen (Friedlmeier 1999).

Emotionsregulation

Wie weit die Regulation von Gefühlen gelingt, hängt sowohl von der temperamentsbedingten (d.h. angeborenen) physiologischen Reaktionsbereitschaft eines Kindes ab als auch davon, inwieweit es Regulationsstrategien erlernt hat (Grolnick et al. 1999). Um soziale Interaktionen und Beziehungen erfolgreich gestalten zu können, ist es vor allem wichtig, Ärger zu regulieren (Salisch 2000). Mitgefühl entwickelt sich in engem Zusammenhang mit prosozialen Verhaltensweisen, wie etwa dem Anbieten von Trost (Kienbaum 2003, 2008). Bereits Zweijährige zeigen Mitgefühl und dadurch motiviertes prosoziales Verhalten. In den darauffolgenden Jahren wirken sich Lerneinflüsse durch das Vorbild, die Reaktionen und Anregungen der Erwachsenen, stark auf die Weiterentwicklung dieser Kompetenzen aus. Auch der Erwerb von Wissen über richtiges Hilfeverhalten hat einen Einfluss (Ulich et al. 2002).

Familiärer Einfluss auf die emotionalen Kompetenzen

Für die Entwicklung emotionaler Kompetenzen bei Kindern spielen familiäre Einflüsse eine zentrale Rolle. Wichtig sind hier u.a. das emotionale Familienklima, wie Eltern eigene Gefühle zum Ausdruck bringen, wie sensibel Eltern für die Gefühle der Kinder sind, wie häufig über Emotionen gesprochen wird und wie weit Kinder bei der Regulation „negativer“ Gefühle von Erwachsenen unterstützt werden (Petermann & Wiedebusch 2003). Wichtig ist zudem der Rückhalt durch eine sichere Bindung an die Eltern (Ahnert 2004) und – in Kindertageseinrichtungen – eine gute Beziehung zur Erzieherin oder zum Erzieher (Becker-Stoll & Textor 2007).

Emotionale Kompetenzen im Umgang mit anderen

Die Kontakte mit pädagogischen Fachkräften, vor allem aber mit anderen Kindern, fordern die emotionalen Kompetenzen des Kindes und bieten ständig Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln. Fachkräfte können durch ihren eigenen Umgang mit Gefühlen und ihre Begleitung des Kindes in emotional bedeutsamen Situationen emotionales Lernen fördern (Wertfein 2007). Der Aufbau emotionaler Kompetenzen – besonders von Emotionsregulation und Empathie – ist Bestandteil einiger Konzepte zur Prävention von Verhaltensauffälligkeiten (vgl. z.B. Scheithauer et al. 2008; Schick & Cierpka 2008). Viele Studien belegen, wie wichtig emotionale Kompetenzen für die Entwicklung sozialer Kompetenzen und den Aufbau positiver sozialer Beziehungen sind, aber auch, um in der Schule zurechtzukommen (zusammenfassend: Petermann & Wiedebusch 2003).

Konzepte emotionaler Kompetenz

Zur Beschreibung emotionaler Kompetenzen wurden unterschiedliche Konzepte entwickelt (vgl. zur Übersicht Salisch 2002 oder Wertfein 2006). 

  • So beschreibt Saarni (2002; Saarni & Weber 1999) acht emotionale Schlüsselfertigkeiten: (1) Bewusstheit über eigene Emotionen, (2) Wahrnehmung fremder Emotionen, (3) sprachliche Kommunikation über Emotionen, (4) Empathie, (5) Unterscheidung zwischen internem emotionalem Erleben und externalem Emotionsausdruck, (6) Emotionsregulation, (7) Bewusstsein über die Rolle der emotionalen Kommunikation in Beziehungen und (8) Fähigkeit zu emotional selbstwirksamen Verhalten. 
  • Andere Konzepte emotionaler Kompetenz definieren diese mit Bezug auf soziale Interaktionen und unterscheiden dabei zwischen „selbstbezogenen“ und „anderenbezogenen“ emotionalen Fähigkeiten (Halberstadt et al. 2001; Rose-Krasnor 1997; Rose-Krasnor & Denham 2009; Wertfein 2006).

Emotionale Kompetenzen bei KOMPIK

KOMPIK umfasst im Entwicklungsbereich „Emotionale Kompetenzen“ eine Auswahl zentraler, durch Verhaltensbeobachtung gut erfassbarer emotionaler Fähigkeiten:

  • Sprachlicher Emotionsausdruck: Im Teilbereich Sprachlicher Emotionsausdruck wird gefragt, ob ein Kind über Gefühle und ihre Ursachen spricht und ob es Gefühle bestimmten Situationen stimmig zuordnen kann.
  • Emotionsregulation: Mit dem Teilbereich Emotionsregulation wird erfasst, wie ein Kind seine Gefühle entsprechend den sozialen Anforderungen reguliert, z.B. ob es sich bei Aufregungen schnell wieder beruhigen und auch negative Gefühle wie Ärger angemessen ausdrücken kann.
  • Empathie: Im Teilbereich Empathie geht es darum, ob ein Kind mit anderen mitfühlt, auf  sie Rücksicht nimmt und ihnen Trost oder Hilfe anbietet, wenn es ihnen schlecht geht.
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Ansprechpartner

Literatur

Ahnert, L. (2004). Bindungsbeziehungen außerhalb der Familie: Tagesbetreuung und Erzieherinnen-Kind-Bindung. In: L. Ahnert (Hrsg.). Frühe Bindung. Entstehung und Entwicklung. München: Reinhardt. 256-277.

Becker-Stoll, F., & Textor, M. R. (2007). Die Erzieherin-Kind-Beziehung. Zentrum von Bildung und Erziehung. Mannheim: Cornelsen Scriptor.

Denham, S. A. (1998). Emotional development in young children. New York: Guilford Press.

Denham, S. A., & Weissberg, R. P. (2004). Social-emotional learning in early childhood: What we know and where to go from here? In: E. Chesebrough, P. King, T. P. Gullotta & M. Bloom (Hrsg.). A blueprint for the promotion of prosocial behavior in early childhood. New York: Kluwer/Academic Publishers. 13-50.

Friedlmeier, W. (1999). Emotionsregulation in der Kindheit. In: W. Friedlmeier & M. Holodynski (Hrsg.). Emotionale Entwicklung. Heidelberg: Spektrum. 197-218. 

Grolnick, W. S., McMenamy, J. M., & Kurowski, C. O. (1999). Emotional selfregulation in infancy and toddlerhood. In: L. Balter & C. S. Tamis-LeMonda (Hrsg.). Child psychology: A handbook of contemporary issues. Philadelphia: Psychology Press. 3-22.

Halberstadt, A. G., Denham, S. A., & Dunsmore, J. C. (2001). Affective social competence. In: Social Development, 10, 79-119.

Kienbaum, J. (2003). Entwicklungsbedingungen prosozialer Responsivität in der Kindheit. Eine Analyse der Rolle von kindlichem Temperament und der Sozialisation innerhalb und außerhalb der Familie. Lengerich: Pabst.

Kienbaum, J. (2008). Entwicklungsbedingungen von Mitgefühl in der Kindheit. In: T. Malti & S. Perren (Hrsg.). Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: Kohlhammer. 35-51.

Klann-Delius, G. (2002). Sich seiner Gefühle bewusst werden. Sprache, Bewusstheit und Selbstaufmerksamkeit. In: M. von Salisch (Hrsg). Emotionale Kompetenz entwickeln. Grundlagen in der Kindheit und Jugend. Stuttgart: Kohlhammer. 93-110. 

Petermann, F., & Wiedebusch, S. (2003). Emotionale Kompetenz bei Kindern. Göttingen: Hogrefe.

Rose-Krasnor, L. (1997). The nature of social competence: A theoretical review. In: Social Development, 6, 111-135.

Rose-Krasnor, L., & Denham, S. (2009). Social-emotional competence in early childhood. In: K. H. Rubin, W. M. Bukowski & B. Laursen (Hrsg). Handbook of peer interactions, relationships and groups. New York: Guilford. 162-179.

Saarni, C., & Weber, H. (1999). Emotional displays and dissemblance in childhood: Implications for self-presentation. In: P. Philippot, R. S. Feldman & E. J. Coats (Hrsg.). The social context of nonverbal behavior. Studies in emotion and social interaction. New York: Cambridge University Press. 71-105.

Saarni, C. (2002). Die Entwicklung von emotionaler Kompetenz in Beziehungen. In: M. von Salisch (Hrsg.). Emotionale Kompetenz entwickeln. Grundlagen in der Kindheit und Jugend. Stuttgart: Kohlhammer. 3-30.

Salisch, M. von (2000). Wenn Kinder sich ärgern. Emotionsregulierung in der Entwicklung. Göttingen: Hogrefe.

Salisch, M. von (2002). Emotionale Kompetenz entwickeln: Hintergründe, Modellvergleich und Bedeutung für die Entwicklung und Erziehung. In: M. von Salisch (Hrsg.). Emotionale Kompetenz entwickeln. Grundlagen in der Kindheit und Jugend. Stuttgart: Kohlhammer. 31-50.

Scheithauer, H., Bondü, R., & Mayer, H. (2008). Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen im Vorschulalter: Ergebnisse der Augsburger Längsschnittstudie zur Evaluation des primärpräventiven Programms Papilio (ALEPP). In: T. Malti & S. Perren (Hrsg.). Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: Kohlhammer. 145-164.

Schick, A., & Cierpka, M. (2008). Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen in Kindergärten, Grundschulen und in der Sekundarstufe: Konzeption und Evaluation der Faustlos-Curricula. In: T. Malti & S. Perren (Hrsg.). Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: Kohlhammer. 35-51.

Ulich, D., Kienbaum, J., & Volland, C. (2002). Empathie mit anderen entwickeln. Wie entwickelt sich Mitgefühl? In: M. von Salisch (Hrsg.). Emotionale Kompetenz entwickeln. Grundlagen in der Kindheit und Jugend. Stuttgart: Kohlhammer. 111- 133.

Wertfein, M. (2006). Emotionale Entwicklung im Vor- und Grundschulalter im Spiegel der Eltern-Kind-Interaktion. eDissertation an der LMU München, verfügbar unter http://edoc.ub.uni-muenchen.de/.

Wertfein, M. (2007). Emotionale Entwicklung von Anfang an – wie können pädagogische Fachkräfte den kompetenten Umgang mit Gefühlen fördern? Verfügbar unter: www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Kindheitsforschung/s_2401.html

 
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