Bertelsmann Stiftung
KOMPIK: Kompetenzen und Interessen von Kindern

Soziale Kompetenzen in der Kita

In diesem Bereich geht es um die Kompetenzen eines Kindes in der sozialen Interaktion mit Kindern und mit Erwachsenen. In Kindertageseinrichtungen hat der Kontakt mit den pädagogischen Fachkräften für Kinder einen hohen Stellenwert (Ahnert 2004; Becker-Stoll & Textor 2007). Eine gute Beziehung zur Erzieherin hat großen Einfluss darauf, dass Lern- und Entwicklungsprozesse gelingen (Mayr, eingereicht). 

Interaktion mit Gleichaltrigen

Besonders wichtig für das Lernen sozialer Fertigkeiten ist jedoch die Gruppe der Gleichaltrigen. Im Alter von drei bis sechs Jahren sind zentrale Entwicklungsaufgaben, sich mit der Gruppe auseinanderzusetzen sowie Beziehungen und Freundschaften zu knüpfen und weiterzuentwickeln (Kasten 2008; Schmidt-Denter 2005; Spangler & Zimmermann 1999). Gute soziale Kompetenzen in diesem Alter sind nicht nur wichtig, um in der Kita zurechtzukommen, sondern auch langfristig von Bedeutung. Es gibt beispielsweise viele Belege für einen Zusammenhang mit dem späteren Schulerfolg (zusammenfassend: Jerusalem & Klein-Heßling 2002). 

Wissenschaftliche Definition

Soziale Kompetenz kann definiert werden als „die Fähigkeit, in sozialen Interaktionen seine eigenen Ziele zu erreichen und Bedürfnisse zu befriedigen und gleichzeitig die Ziele und Bedürfnisse von anderen zu berücksichtigen“ (Perren et al. 2008: 89). In der Entwicklungspsychologie gibt es unterschiedliche Modelle, wie soziale Kompetenzen genauer aufgeschlüsselt werden können:

  • Das Rahmenmodell von Gresham und Reschly (1987), das von Petermann (2002) modifiziert wurde, berücksichtigt die enge Verzahnung von sozialen Fertigkeiten, Lernverhalten und sozialer Integration. Es werden drei Komponenten unterschieden: adaptives Verhalten, soziale Fertigkeiten und Akzeptanz durch Gleichaltrige. Diese werden im interpersonellen, selbstbezogenen und aufgabenbezogenen Verhalten wirksam. Caldarella und Merell (1997) unterscheiden auf der Grundlage einer Metaanalyse einschlägiger Studien fünf Basisfertigkeiten: Interaktionsfertigkeiten in der Beziehung zu Gleichaltrigen, Fertigkeiten des Selbstmanagements, schulische Fähigkeiten, Kooperations- und Mitwirkungsbereitschaft sowie Durchsetzungsfähigkeit.
  • Payton et al. (2000) berücksichtigen in ihrer Zusammenstellung sozialemotionaler Schlüsselfertigkeiten bezogen auf soziale Interaktion sechs Kompetenzbereiche: aktives Zuhören, Kommunikation, Kooperation, Verhandlungen, Verweigerung sowie Suche nach Unterstützung.

Charakteristisch für viele Konzepte von sozialer Kompetenz ist eine Gegenüberstellung zweier Grundbereiche. Im einen stehen eigene Bedürfnisse im Vordergrund, im anderen die Bedürfnisse anderer Menschen, z.B. Autonomie und Verbundenheit (Rose-Krasnor 1997), Durchsetzung und Anpassung (Kanning 2002), soziale Initiative und prosoziales Verhalten (Rydell et al. 1997) sowie selbst- und fremdbezogene soziale Kompetenzen (Perren et al. 2008).

Soziale Kompetenzen bei KOMPIK

Im Entwicklungsbereich „Soziale Kompetenzen“ greift KOMPIK diese Zweiteilung auf und unterscheidet die Teilbereiche „Selbstbehauptung“ und „Kooperation“: 

Selbstbehauptung

Im Teilbereich Selbstbehauptung wird danach gefragt, ob ein Kind in sozialen Situationen seine eigenen Bedürfnisse vertritt, indem es z.B. Forderungen stellt oder sich von anderen abgrenzt. Wichtig ist dabei: Selbstbehauptung im Sinne einer positiven Durchsetzung eigener Interessen ist strikt zu trennen von aggressiver, rücksichtloser Durchsetzung durch körperliche oder verbale Aggression oder das Schädigen sozialer Beziehungen. Aggressives Verhalten zielt darauf ab, eine andere Person zu beleidigen, zu schädigen oder zu verletzen (Coie et al. 2006). Demgegenüber ist die Fähigkeit zur Selbstbehauptung und Gegenwehr notwendig, um in sozialen Situationen zurechtzukommen (Schmidt-Denter 2005).

Kooperation

Im Teilbereich Kooperation geht es darum, ob ein Kind Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer zeigt und mit ihnen kooperieren kann, z.B. bei gemeinsamen Projekten oder durch das Einhalten von Regeln. Kooperation im engeren Sinn wird definiert als Koordination von Tätigkeiten zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels oder zur Bewältigung einer bestimmten Aufgabe (Schmidt-Denter 2005).

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Ansprechpartner

Literatur

Ahnert, L. (2004). Bindungsbeziehungen außerhalb der Familie: Tagesbetreuung und Erzieherinnen-Kind-Bindung. In: L. Ahnert (Hrsg.). Frühe Bindung. Entstehung und Entwicklung. München: Reinhardt. 256-277.

Becker-Stoll, F., & Textor, M. R. (2007). Die Erzieherin-Kind-Beziehung. Zentrum von Bildung und Erziehung. Mannheim: Cornelsen Scriptor.

Caldarella, P., & Merrel, K. W. (1997). Common dimensions of social skills of children and adolescents: A taxonomy of positive behaviors. In: School Psychology Review, 26, 264-278.

Coie, J. D., Dodge, K. A., & Lynam, D. (2006). Aggression and antisocial behavior. In: N. Eisenberg (Hrsg.). Social, emotional and personality development, Vol. 3, Handbook of child psychology. New York: John Wiley. 719-788.

Gresham, F. M., & Reschly, D. J. (1987). Dimensions of social competence: Method factors in the assessment of adaptive behavior, social skills, and peer acceptance. In: Journal of School Psychology, 25, 367-381.

Jerusalem, M., & Klein-Heßling, J. (2002). Soziale Kompetenz. Entwicklungstrends und Förderung in der Schule. In: Zeitschrift für Psychologie, 210, 4, 164–174. Kanning, U.-P. (2002). Soziale Kompetenz – Definition, Strukturen und Prozesse. In: Zeitschrift für Psychologie, 210, 4, 154-163.

Kasten, H. (2008). Soziale Kompetenzen. Entwicklungspsychologische Grundlagen und frühpädagogische Konsequenzen. Berlin: Cornelsen Scriptor.

Kienbaum, J. (2003). Entwicklungsbedingungen prosozialer Responsivität in der Kindheit. Eine Analyse der Rolle von kindlichem Temperament und der Sozialisation innerhalb und außerhalb der Familie. Lengerich: Pabst.

Kienbaum, J. (2008). Entwicklungsbedingungen von Mitgefühl in der Kindheit. In: T. Malti & S. Perren (Hrsg.). Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: Kohlhammer. 35-51.

Mayr, T. (eingereicht). Zur Erfassung von Erzieherin-Kind-Beziehungen in Kindertageseinrichtungen – Ergebnisse einer empirischen Studie.

Payton, J. W., et al. (2000). Social and emotional learning: a framework for promoting mental health and reducing risk behaviors in children and youth. In: Journal of School Health, 70, 179–185.

Perren, S., Groeben, M., Stadelmann, S., & von Klitzing, K. (2008). Selbst- und fremdbezogene soziale Kompetenzen: Auswirkungen auf das emotionale Befinden. In: T. Malti & S. Perren (Hrsg.). Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen. Entwicklungsprozesse und Fördermöglichkeiten. Stuttgart: Kohlhammer. 89-107.

Petermann, F. (2002). Das Konzept der sozialen Kompetenz. In: Zeitschrift für Psychologie, 210, 4, 175-185.

Rose-Krasnor, L. (1997). The nature of social competence: A theoretical review. In: Social Development 6, 1, 111-135.

Rydell, A.-M., Hagekull, B., & Bohlin, G. (1997). Measurement oft two social competence aspects in middle childhood. In: Developmental Psychology, 33, 5, 824- 833.

Schmidt-Denter, U. (2005). Soziale Beziehungen im Lebenslauf. Weinheim: Beltz. Spangler, G., & Zimmermann, P. (1999). Bindung und Anpassung im Lebenslauf: Erklärungsansätze und empirische Grundlagen für Entwicklungsprognosen. In: R. Oerter, G. Röper & C. von Hagen (Hrsg.). Lehrbuch der klinischen  Entwicklungspsychologie. Weinheim: Beltz. 171-194.

 
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