Bertelsmann Stiftung
KOMPIK: Kompetenzen und Interessen von Kindern

Entwicklungsbegleitung

KOMPIK ist als „entwicklungsbegleitendes“ Verfahren konzipiert. D.h. der Bogen soll es zwar auch ermöglichen „Probleme“ frühzeitig zu erkennen, Hauptzielsetzung ist aber ein breiter Einblick in Entwicklung und Lernen von Kindern – als Grundlage für pädagogisches Handeln. Beobachtung mit KOMPIK soll:

  • es erleichtern, die Perspektive des einzelnen Kindes, sein Verhalten und Erleben besser zu verstehen;
  • Einblick geben in Verlauf und Ergebnis von Entwicklungs- und Lernprozessen;
  • eine systematische Reflexion der Wirkungen pädagogischer Angebote ermöglichen;
  • Grundlage sein für Entwicklungsgespräche mit Eltern;
  • den Austausch und die Zusammenarbeit in der Einrichtung unterstützen;
  • eine Hilfe sein für den Austausch und die Kooperation mit Fachdiensten und Schulen;
  • Qualität und Professionalität pädagogischer Arbeit nach außen darstellen und sichtbar machen.

Die wichtigste Ebene der Nutzung ist die Abstimmung pädagogischer Angebote und pädagogischen Handelns auf die Situation des einzelnen Kindes. Je besser pädagogische Angebote auf das Kompetenzniveau und auf die Interessen der Kinder abgestimmt sind, desto größer ist ihre Wirkung. Damit ist auch klar: KOMPIK, zielt nicht auf ein einmaliges Erfassen des Entwicklungsstandes. Es geht vielmehr um die kontinuierlich begleitende Erfassung von Lern- und Entwicklungsprozessen über die gesamte Zeit hinweg, die Kinder in der Einrichtung verbringen.

Bezug zu Bildungsplänen

Ein zentraler Punkt bei KOMPIK ist der inhaltliche Bezug zu den Bildungsplänen für den Elementarbereich. Diese benennen – auf verschiedenen Ebenen der Konkretisierung – Themenfelder und Ziele früher Bildung. Zwar gibt es Unterschiede zwischen den Plänen der Bundesländer, aber auch so etwas wie einen gemeinsamen Kern. Auf diesen gemeinsamen Kern fokussiert der Bogen; er soll in möglichst allen Typen von Kindertageseinrichtungen und in allen Bundesländern einsetzbar sein. KOMPIK berücksichtigt neben den Bildungsplänen aber auch aktuelle Forschungsergebnisse aus Entwicklungspsychologie und Frühpädagogik.

Strukturierte Beobachtung

Methodisch arbeitet KOMPIK mit Einschätzungen – auf der Basis einer sorgfältigen Beobachtung der Kinder. Strukturierte Beobachtungsverfahren lassen dem Beobachter zwar weniger Freiraum, sie haben aber auch spezifische Stärken (Mayr, 2003):

  • Sie abstrahieren von manchen Details; so wird es leichter, sich einen Überblick zu verschaffen.
  • Sie erleichtern es, Beobachtungen zu vergleichen – z.B.: Wie ist der Stand eines Kindes im Herbst, wie im Sommer?
  • Sie lenken die Beobachtung auf besonders relevante Ausschnitte und fördern so die Fachlichkeit von Beobachtungen.
  • Sie führen eine gemeinsame Sprache in ein Einrichtungsteam ein und erleichtern den Austausch über Kinder.
  • Sie ermöglichen die Aufteilung von Beobachtungsaufgaben (z.B. bei Gruppenöffnung).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass nur strukturierte Beobachtungen „richtig“ sind und eine Entwicklungsdokumentation ausschließlich aus strukturierten Beobachtungen bestehen sollte. Auch freie Beobachtungen und Portfolios haben ihre spezifischen Stärken, die genutzt werden sollten. Erst in der Zusammenschau der drei Ebenen – strukturierte Beobachtung, freie Beobachtung und Portfolio – ergibt sich ein tragfähiges Bild von Entwicklung und Lernen. In diesem Sinn ist KOMPIK gut kombinierbar, z.B. mit Lerngeschichten oder einem Portfolioansatz.

Tabelle 1
1. Motorische Kompetenzen 1.1 Grobmotorische Kompetenzen
1.2 Feinmotorische Kompetenzen
2. Soziale Kompetenzen 2.1 Kooperation
2.2 Selbstbehauptung
3. Emotionale Kompetenzen 3.1 Sprachlicher Emotionsausdruck
3.2 Emotionsregulation
3.3 Empathie
4. Motivationale Kompetenzen 4.1 Exploration
4.2 Aufgabenorientierung
5. Sprache und frühe Literacy 5.1 Grammatik
5.2 Sprechen und Verstehen
5.3 Frühe Literacy
6. Mathematische Kompetenzen 6.1 Sortieren und Klassifizieren
6.2 Ordnen und Formenkenntnis
6.3 Zählen und Zahlenwissen
6.4 Rechnen
7. Naturwissenschaftliche Kompetenzen und Interessen 7.1 Naturwissenschaftliches Grundverständnis und Denken
7.2 Forschen und Experimentieren
7.3 Bauen und Konstruieren
8. Gestalterische Kompetenzen und Interessen 8.1 Freude am Gestalten
8.2 Interesse an Kunstwerken
8.3 Gestalterische Kompetenzen
9. Musikalische Kompetenzen und Interessen 9.1 Musikalische Interessen
9.2 Musikalische Kompetenzen
10. Gesundheitsbezogene Kompetenzen und Interessen 10.1 Gesundheitswissen und -verhalten
10.2 Selbstständige Hygiene
11. Wohlbefinden und soziale Beziehungen 11.1 Psychisches Wohlbefinden
11.2 Soziale Beziehungen

Wissenschaftlich begründet

Zentral für die Konzeption von KOMPIK ist, dass das Verfahren wissenschaftlichen Qualitätskriterien für Beobachtungsverfahren genügt. Es soll einerseits dem aktuellen Stand entwicklungspsychologischer und frühpädagogischer Forschung entsprechen und anderseits den empirischen Qualitätskriterien „Objektivität“, „Zuverlässigkeit“ und „Gültigkeit“ genügen. Die Frage der wissenschaftlichen Absicherung ist deswegen so wichtig, weil Fachkräfte mit der Beobachtung eine große Verantwortung gegenüber Eltern und Kindern übernehmen, dass die Ergebnisse ihrer Beobachtungen auch tragfähig sind.

Beobachtung für jedes Kind

Alles dies bezieht sich nicht nur auf „Problemkinder“, sondern auf alle Kinder. KOMPIK soll auch „durchschnittliche“ und „positive“ Entwicklungen sichtbar machen; denn auch diese Kinder haben den Anspruch auf angemessene Anregungen und optimale Entfaltung ihrer Potentiale. Tatsächlich verlaufen Entwicklungsprozesse oft sehr individuell; der Stand eines Kindes kann in einzelnen Entwicklungsfeldern unterschiedlich sein: Es ist vielleicht sprachlich gut entwickelt, tut sich aber schwer, Freunde zu gewinnen. Gleichzeitig gibt es große Unterschiede zwischen den Kindern innerhalb einer Altersgruppe. Pädagogische Fachkräfte brauchen deshalb einen differenzierten Einblick um pädagogische Angebote auf die Situation der einzelnen Kinder abzustimmen. Dies bedeutet nicht, dass Kinder nur einzeln gefördert werden sollen, sondern dass Fachkräfte ihre Einblicke in Kompetenzen und Interessen der Kinder auch nutzen für die Arbeit mit Kleingruppen oder die Gestaltung von Lernecken, aber auch für die pädagogische Planung und das pädagogische Konzept der Einrichtung insgesamt (Viernickel, 2009, 37).

Tabelle 2
Wohlbefinden und soziale Beziehungen
11.1 Psychisches Wohlbefinden
→ wirkt sorglos und unbeschwert
→ kann sich auf Späße einlassen
→ spricht positiv von sich selbst, z.B. „Das kann ich gut.“
→ kann sich über Lob oder Komplimente freuen
→ lacht, ist fröhlich und gut gelaunt
→ ist stolz, wenn es eine Aufgabe geschafft hat
→ wirkt ausgeglichen und entspannt

Praxistauglich

Eine wichtige Anforderung an KOMPIK ist, dass das Verfahren „praxistauglich“ ist. Maßgeblich ist hier vor allem:

  • Das Instrument darf nicht zu umfangreich sein.
  • Die Beobachtungen sollten im Rahmen eines normalen Kindergartenalltags gemacht werden können, ohne viele „Zusatzaufgaben“.
  • Das Verfahren soll PC-gestützt bearbeitet und ausgewertet werden können.
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Ansprechpartner

Quelle und Autoren

Dieser Artikel unter dem Namen "Noch ein Beobachtungsbogen? KOMPIK – ein neues Verfahren für Kindertageseinrichtungen (1)" erschienen in KiTa aktuell BY 2011 Heft 10, S. 227-230.

Toni Mayr

Dipl.- Psychologe, München, war bis zu seinem Tode wissenschaftlicher Referent am Staatsinstitut für Frühpädagogik, IFP

Martin Krause

Dipl.- Psychologe, München, Wissenschaftlicher Referent am Staatsinstitut für Frühpädagogik, IFP

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